5 Fakten zum Aufschwung: Mentalität, Hakimi und Vorfreude auf die Bayern
Fakt 1: Spiele werden nicht mehr hergeschenkt, sondern umgeboben
Gegen Eintracht Frankfurt, gegen Werder Bremen, gegen den SC Freiburg. Drei Ligaspiele in Folge vergeigte der BVB nach Führung ab Ende September. Dreimal stand beim Abpfiff nur ein 2:2. Fragen nach der „Mentalitätsscheiße“ wurden laut. Gegen Inter Mailand (Champions League Hinspiel, 0:2) oder im blutleeren Derbyauftritt gegen den FC Schalke (0:0) ergab sich erst gar nicht die Gelegenheit, eine Führung zu verspielen.
Und jetzt? Der Druck auf Mannschaft und Trainer wurde immer größer. Und der BVB befreit sich, gerade durch große Mentalität in den zweiten Halbzeiten. Gegen Borussia Mönchengladbach schoss Julian Brandt sein Team mit einem späten Doppelpack nach 0:1 noch weiter. Der VfL Wolfsburg wurde am Wochenende durch drei Treffer in Hälfte zwei besiegt. Und gegen Inter Mailand und ihre Beton-Defensive gelang dem BVB nach 0:2 in der ersten Hälfte das unfassbare Comeback zum enorm wichtigen 3:2-Sieg.
Entsprechend gelöst war auch die Stimmung in der Mannschaft. „Unsere Reaktion war absoluter Wahnsinn“, feierte Brandt direkt nach Spielschluss vor dem Mikro von DAZN. „Es fühlt sich brutal gut an.“ Gerade nach den herben Medienberichten der letzten Wochen muss sich dieses Ergebnis wie eine Befreiung anfühlen. „Sie haben uns schlechter gemacht als wir waren“, urteilte Watzke bei Sky über die Medienberichte. Die Mannschaft hat spätestens mit dem Sieg gegen Inter die Berichterstatter eines Besseren belehrt.
Fakt 2: Gruppensieg ist in der Champions League wieder greifbar
Durch die späten drei Punkte gegen die vor dem Spiel gleichauf liegenden Italiener (BVB und Inter mit jeweils vier Punkten) hat sich Borussia Dortmund eine hervorragende Ausgansposition in der Champions League Gruppenphase erarbeitet. Durch das schwache 0:0 des FC Barcelona gegen Slavia Prag stellt sich die Tabelle mit zwei ausstehenden Spielen wie folgt dar: Barca mit acht Punkten auf Platz eins nur noch einen Zähler vor dem BVB mit sieben Punkten. Inter Mailand folgt mit vier Zählern auf dem Konto. Slavia Prag hat als Schlusslicht und großer Außenseiter zwei Punkte vorzuweisen.
Somit ist plötzlich sogar der Gruppensieg wieder in Reichweite. Am 27. November gastiert der BVB beim FC Barcelona im Camp Nou. Sollte dort ein Punktgewinn oder sogar ein Sieg herausspringen, ist am letzten Spieltag zu Hause gegen Slavia Prag alles möglich. Barcelona spielt dann zeitgleich bei Inter Mailand.
Fakt 3: Die Mannschaft kämpft für ihren Trainer
Die Kraftleistung gegen die Nerazzurri belegt auch, wie eng Mannschaft und Trainer zusammenstehen. Favre beurteilte Halbzeit eins nach dem Spiel als „eine nicht so schlechte erste Hälfte“. Die beiden Tore Inter Mailands waren aber Nackenschläge. Doch die Mannschaft bewies Mentalität und wehrte sich gegen eine deftige Klatsche. In München wurde dieses Wochenende offenbar, wie eine Mannschaft spielt, die nicht mehr hundertprozentig an ihren Trainer glaubt. Ganz anders in Dortmund: Die taktischen Maßgaben wurden weiter genaustens befolgt. Die Mannschaft rannte, ackerte – und spielte zielstrebig nach vorne. Für das Champions League Achtelfinale. Aber auch für Lucien Favre.
Fakt 4: Achraf Hakimi ist in der Form seines Lebens
Mann des Abends war dabei ohne Zweifel Achraf Hakimi. Der Marokkaner genießt bei Lucein Favre als Außenverteidiger auch alle Freiheiten nach vorne. Seine Balance zwischen Offensivdrang und defensiver Absicherung ist mittlerweile besser als noch in der Vorsaison. Favre adelte nach dem gestrigen Spiel Hakimi: „Er war überall. Er spürt die Situation.“ Nicht nur den Anschluss- sowie den Siegtreffer besorgte Hakimi höchstpersönlich, auch eine Szene aus der Nachspielzeit spricht Bände. Inter Mailand setzte zum Konter an. Im Mittelfeld spurtete Hakimi noch in der 93. Minute kraftvoll dem davoneilenden Mailänder Profi hinterher, setzte von hinten zur Grätsche an – und eroberte die Kugel mit der Hacke ohne ein Foul zu begehen. Das 3:2 war nicht nur von Hakimi herausgeschossen, sondern auch gesichert.
Fakt 5: Der FC Bayern kommt zum genau richtigen Zeitpunkt
Abheben wird der BVB dank Mahner Favre sicherlich nun nicht. Schließlich war in den vergangenen Partien auch nicht alles Gold, was glänzt. Auch BVB-Vorstandsvorsitzender Hans Joachim Watzke spricht von „drei knappen Siege, die uns schwer gefallen sind“. Dennoch konstatiert Watzke nach dem Comeback gegen Mailand folgerichtig: „Das gibt uns Rückenwind für Samstag.“ Denn da steht die nächste große Aufgabe an: der Klassiker gegen den FC Bayern München. Erschwert wird die Aufgabe für den BVB durch den Trainerwechsel in München. Hansi Flick wird die Mannschaft nach der Demission von Niko Kovac neu auf- und einstellen. Doch mit der wieder erlangten Leichtigkeit der letzten Spiele und der Mentalität aus dem Mailand-Spiel kann für den BVB nur ein Schluss folgen: Das Duell mit dem FC Bayern kommt zum genau richtigen Zeitpunkt.