Sportpsychologe: Beim BVB gibt es „keinen Leader, keinen Biss“
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Ob sich die Krise von Borussia Dortmund fortsetzt, nachdem das 0:0 gegen Sporting Lissabon trotz des Weiterkommens ein diffuses Bild mangelnder Zielstrebigkeit lieferte, wird sich heute Abend zeigen. Gegen den 1. FC Union Berlin geht es wieder in der Bundesliga um Punkte – und das stellt zu häufig ein Problem dar. Ein Sportpsychologe äußert sich zu den Ursachen der Misere beim BVB.
Fussball.news befragte Matthias Herzog, seines Zeichens Sportpsychologe. Der gibt bereitwillig Auskunft zu seiner Einschätzung der Lage des BVB und den Gründen dafür. Einblicke ins Innere des Clubs besitzt Herzog allerdings nicht.
Dennoch sieht er in der mangelnden Stringenz der Führungskräfte eines der gleich mehreren Probleme, die er bei Borussia Dortmund identifiziert hat. „Der Fisch stinkt vom Kopf: Watzke, Ricken, Kehl, Sammer – die Dortmunder Chefetage wirkt wie ein Gockelstall.“ Jeder dieser Führungskräfte halte sich für den wichtigsten in der Runde, doch niemand übernehme wirklich Verantwortung.
Zudem herrsche beim BVB eine Wohlfühl-Atmosphäre und das unabhängig vom Trainer, der gerade wirkt. Terzic, Sahin, sie hätten die Spieler von öffentlicher Kritik verschont. Genau denselben Weg gehe nun Niko Kovac, der mit fadenscheinigen Ausreden auch noch den Interview-Boykott seiner Spieler nach der peinlichen Niederlage beim VfL Bochum rechtfertigte. Dabei wäre die Aufgabe der Trainer, den Spielern klarzumachen, dass „Profifußball nun mal kein Streichelzoo“ sei.
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Keine Siegermentalität im BVB-Team
Noch gravierender sei aber, dass der Mannschaft interne Führung fehle. Ob Can, Schlotterbeck oder Brandt – sie alle tauchten in den wichtigen Momenten ab. Dem gesamten Team mangele es an Siegermentalität. Dies zeige sich immer wieder bei der unterschiedlichen Qualität der Darbietungen in Champions League und Bundesliga. Echte Spitzenteams müssten sich aber auch für die Partien gegen kleine Gegner, ohne das große Rampenlicht, motivieren können. Das gelinge dem BVB nicht und deshalb sei er auch schlicht keine Spitzenmannschaft. Die mangelnde Motivation im Alltagsgeschäft sei der Schlüssel dazu, genau dies wieder zu werden.
Momentan befinde sich Borussia Dortmund am Scheideweg, meint Matthias Herzog. Nun brauche es neben einem klaren System endlich auch Leader in der Mannschaft – und im Club die Bereitschaft, den Finger auch einmal in die Wunde zu legen. „Sonst bleibt Dortmund das, was sie seit Jahren sind: Ein Klub mit riesigem Potenzial – der es viel zu selten abruft.“