Plant Favre Rückkehr zur Viererkette? Raphael Guerreiro favorisiert Dreierabwehr
Der Kader steht zumindest in den groben Zügen. Nun geht es in der Sommervorbereitung in Bad Ragaz vor allem um taktischen Feinschliff und dem Einüben von Automatismen für BVB-Coach Lucien Favre. Und dies scheint der Schweizer Coach mit Hinblick auf sein bevorzugtes System, ein 4-2-3-1, zu tun. Fast sämtliche Übungsformen sowie die taktische Anordnung im ersten Testspiel gegen den SCR Altach deuten auf eine Abkehr von der stabilisierenden Dreierkette hin. Eine Entwicklung, die Raphael Guerreiro mit etwas Bauchschmerzen beobachtet.
Schon im Winter wurde verkündet, dass Emre Can vordergründig als Verpflichtung für die Innenverteidung eingeplant sei. Die BVB-Mannschaft stabilisierte sich dann in der Rückrunde aber mit der Doppelsechs Can und Witsel. In der Defensive agierten Mats Hummels, Manuel Akanji und Dan-Axel Zagadou bzw. nach dessen Verletzung Lukasz Piszczek in einer Dreierkette. Sowohl die Dreierkette als auch Emre Can im zentralen Mittelfeld gehören bei Schwarz Gelb wohl der Vergangenheit an, wenn man den Eindrücken der ersten Trainingslagertage glauben schenken darf.
Denn in Bad Ragaz offenbarte Lucien Favre nun, was ihm besonders wichtig sei im zentralen Mittelfeld. Nicht Physis und Dominanz, sondern Tempo und Kreativität. „Es ist wichtig“, stellte Favre klar, „dass wir Mittelfeldspieler haben, die das Spiel beschleunigen, manchmal ein Dribbling machen und den letzten Pass spielen. Davon haben wir zu wenig.“ Axel Witsel und Emre Can gehören eher nicht zu diesem Typus Spieler. Die jungen Wilden Jude Bellingham oder Giovanni Reyna dagegen schon, auch ein Julian Brandt, der in der vergangenen Saison bereits auf der Doppelsechs ausgeholfen hatte. Diese Spieler versprechen nicht nur Lucien Favre mehr Geschwindigkeit und Tiefe im Spiel, sondern auch vor allem Spaß – für die Fans und für einander. „Das fühlt sich an, als wären wir kleine Jungs, die im Hinterhof kicken“, betonte Giovanni Reyna bereits. Und dem Vernehmen nach verstärkt mit Reinier ein weiteres kreatives Wunderkind von Real Madrid den BVB auf Leihbasis für zwei Jahre.
Favre plädiert für 4-2-3-1, Guerreiro für Dreierkette
Um ein System, beispielsweise mit Axel Witsel und Jude Bellingham auf der Doppelsechs sowie Giovanni Reyna, Julian Brandt oder Reinier auf der Spielmacherposition implementieren zu können, bedarf es aber auch einer Rückkehr von der Dreier- zur Viererkette bei Borussia Dortmund. Schon im Januar argumentierte Favre für dieses System, obwohl er gerade erst auf eine Dreierabwehr umgestellt hatte – und das mit durchschlagendem Erfolg. Das passierte allerdings damals vor allem für Achraf Hakimi. Für den offensiv furiosen, allerdings defensiv wackligen Marrokaner sei es „auf die Dauer besser, wenn er Richtung gegnerisches Tor spielt“, sagte Favre. Sein Herzenssystem blieb aber immer das 4-2-3-1. „Alle großen Vereine spielen damit“, lautet Favres einfaches Plädoyer dafür.
Mit Thomas Meunier statt Achraf Hakimi verfügt Favre nun immer noch über einen dynamischen, aber defensiv deutlich robusteren Rechtsverteidiger. Doch was passiert mit Raphael Guerreiro? Schließlich blühte nicht nur Hakimi auf rechts im neuen System mit Dreierkette auf, sondern auch der Portugiese linksaußen. Einerseits betont Guerreiro bezüglich einer Rückkehr zur Viererkette: „Ich spiele da, wo mich der Trainer hinstellt.“ Andererseits meint er aber auch: „Die Dreierkette ist das System, das mir am besten gefällt. Es gibt mir Raum, nach vorn zu gehen. Es ist immer einer hinter mir, der mich noch deckt.“ Das nach hinten absichern würde in einem System mit jungen Wildpferden wie Bellingham, Reyna oder Reinier wieder deutlich mehr an Guerreiro hängen bleiben.