Einen gleich zu Beginn geholt, einen noch auf den allerletzten Drücker. Dazwischen zwei Profis abgegeben, einen ohne große Nebengeräusche, den anderen nach langem Hin und Her. Michael Zorc wird erleichtert sein, dass das Transferfenster nun wieder geschlossen hat. Damit ist die ganz große Aufregung für den Dortmunder Sportdirektor erst einmal wieder passé. Doch wie schlug sich der BVB auf dem Transferpflaster, darf Zorc zufrieden sein mit sich?
Den Anfang machte Erling Haaland. Er kam direkt nach Öffnen des Transferfensters zum BVB. Und noch besser: Allzu tief mussten die Schwarz-Gelben für den am heißest gehandelten Mittelstürmer Europas nicht in die Tasche greifen. Denn Red Bull Salzburg durfte er aufgrund einer Ausstiegsklausel für 20 Millionen Euro verlassen. Und dank des hervorragenden Rufs des BVB, hochtalentierte Spieler fit für den Schritt zu den Klubs der allerersten Kategorie zu machen, stachen die Schwarz-Gelben Mitkonkurrenten wie RB Leipzig oder Manchester United aus. Kleiner Wehmutstropfen: In seinen Vertrag ließ sich Haaland – entgegen Dortmunder Gepflogenheiten – eine Ausstiegsklausel schreiben. Wann diese greift und in welcher Höhe sie liegt, darüber herrscht noch keine Klarheit.
Doch erfreuen wir uns an Haaland, solange er beim BVB ist. Zwei mal durfte er an den ersten beiden Rückrundenspieltagen als Joker ran. Gegen Augsburg bombte er den BVB praktisch im Alleingang per Dreierpack zum Sieg. Gegen den 1. FC Köln machten es die schwarz-gelben Kollegen auch ohne ihn besser. Doch seinen Torhunger stillte Haaland auch gegen die Geißböcke mit einem Doppelpack. Der erst 19-Jährige, der mit reichlich Vorschusslorbeeren angetreten war, wird diesen mehr als gerecht. Der Dortmunder Königstransfer hält schon jetzt seinen ersten Bundesligarekord.
Mehr Dynamik dank Emre Can?
Auf den zweiten Winterzugang mussten die Dortmunder Fans und Verantwortlichen deutlich länger warten. Erst kurz vor Ende der Transferperiode klärten sich alle offenen Fragen nach Ablösemodalitäten und Gehaltsvolumen bei Juventus Turin und Emre Can. Ein Jahr Leihe für eine Million Euro, dann im Sommer Kaufpflicht für 25 Millionen Euro. „In Emre Can bekommen wir einen deutschen Nationalspieler, der systemübergreifend auf mehreren Positionen sowohl in der Abwehr als auch im zentralen Mittelfeld einsetzbar ist. Einen Spieler, der neben seiner Technik auch seine Physis einbringt und über einen ausgeprägten Siegeswillen verfügt“, fasst Michael Zorc die Vorzüge des 26-Jährigen zusammen.
Und auch Emre Can zeigte sich erleichtert, dass die Hängepartie ein gutes Ende nahm: „Ich will Gas geben, hatte schon immer Sympathien für diesen Klub und kann es nicht erwarten, zum ersten Mal vor diesen Fans zu spielen, für die Borussia Dortmund auf der ganzen Welt bekannt ist.“ Mit Wucht und Willen wusste Can schon bei Bayer Leverkusen und vor allem dem FC Liverpool zu glänzen, bevor seine Karriere in Turin etwas ins Stocken geriet.
Für Can: Weigl-Abgang macht Platz, Paco-Abgang bringt Geld
Dass einerseits Bedarf für Emre Can herrschte und andererseits das nötige Kleingeld für ihn vorhanden ist, liegt an den Winterabgängen des BVB. Julian Weigl wechselte zu Benfica Lissabon und re-finanzierte somit den Haaland-Deal. Und auch Paco Alcacer konnte noch zum Ende des Transferfensters abgegeben werden. Der spanische Angreifer wechselt für ähnliche Konditionen wie Emre Can zum FC Villareal und wird der neue Rekordtransfer der Gelben U-Boote. Damit war dann der Weg frei für den deutschen Nationalspieler, der bevorzugt in der Dreierkette starten soll, zu Borussia Dortmund.
Außerdem verließ recht überraschend auch Jacob Bruun Larsen noch den BVB. Nachdem wochenlang über ein Interesse von Eintracht Frankfurt spekuliert wurde, dies aber von den Frankfurter Verantwortlichen dementiert worden war, schienen die Zeichen auf Verbleib zu stehen. Doch dann kam die TSG Hoffenheim und erfüllt die Dortmunder Ablöseforderungen. Für kolportierte 14 Millionen Euro haben auch die Kraichgauer sich einen neuen Rekordtransfer gegönnt.
Fazit: Verbesserung in der Spitze, nicht in der Breite
Eine Top-Quote an Toren wies auch Paco Alcacer auf, doch das Verhältnis zum Trainer passte schlussendlich überhaupt nicht mehr. Nun kommt mit Haaland der neue Heilsbringer, wird dieser Rolle zumindest in den ersten Einsätzen auch gerecht. Der Unterschied der beiden: Haaland brachte bei seinen Einsätzen Dynamik, Energie, Selbstvertrauen und Siegeswillen. Die breite Brust hat er nicht nur physisch, sondern auch im übertragenen Sinne. Alcacer war der introvertiertere Killer vor dem Tor. Somit hat der BVB nun einen Stürmer, der besser in den Signal Iduna Park passt. Doch das Ziel sich breiter in der Offensive aufzustellen, das selbst Klubboss Aki Watzke ausgab, wurde somit verfehlt.
Der Abgang Jacob Bruun Larsens schmerzt den BVB hingegen nicht. Der junge Däne kam ohnehin kaum zum Zug, sein Wunsch nach mehr Spielzeit ist verständlich. Mit aufstrebenden Talenten wie dem extrem vielversprechenden Giovanni Reyna kann der Abgang intern mehr als aufgefangen werden.
Ähnlich verhält es sich mit dem Tausch Can für Weigl. Julian Weigl ist ein begnadeter Fußballer, eine Passmaschine. Doch das ist Mats Hummels auch. In der Innenverteidigung fehlten Weigl Dynamik und Körperlichkeit. Beides bringt Emre Can mit. Somit ist er eine deutliche Verbesserung in der Dreierkette, auch im Vergleich zu Manuel Akanji. Mit Zagadou, Hummels und Can hat der BVB nun eine variable, flexible Abwehrkette.